Wirklich überraschende Inhalte sieht man auf digitalen Plattformen immer seltener und alles scheint es in irgendeiner Form schon zu geben — zumindest ist das mein persönlicher Eindruck. Durch das Internet ist es viel leichter geworden, Arbeiten und Projekte von Gestalter*innen einzusehen. Dies erleichtert den Austausch, ist gleichzeitig aber auch eine zugängliche Quelle für sämtliche Personen, um überhaupt auf Ideen zu kommen. Auf Plattformen wie Pinterest oder Behance werden gestalterische Arbeiten online publiziert. Für viele sind diese Plattformen ein Sprungbrett, um sich als individuelle Person zu vermarkten, Kontakte zu knüpfen und eine Reichweite zu generieren. Die Inhalte, die Kunstschaffende hier von sich preisgeben, werden von vielen Nutzer*innen anerkannt, geteilt, und gerne als Inspiration genutzt. Es passiert aber auch schnell, dass die Urhebenden in den Hintergrund treten. In den letzten Jahren konnte ich vermehrt Fälle von Ideenklau beobachten, bei denen Werke ohne jegliche Anerkennung oder Kompensation von Personen benutzt oder missbraucht wurden. Teilweise sogar für kommerzielle Nutzen. ​​​​​​​​​​​​​​
Man sieht Dinge und lässt sich von ihnen inspirieren, was prinzipiell völlig normal ist. Doch wie definiert man die Grenze zwischen Inspiration und Übernahme und vor allem, wie sieht das die Gesellschaft heutzutage? Der Schwerpunkt der Arbeit ist die Erkundung dieser Grauzone in Kunst und Design, da hier – im Gegensatz zu anderen Bereichen, wie beispielsweise der Literatur – die Identifikation des Ursprungs manchmal gar nicht so leicht ist. Oftmals sieht man Werke, welche einem bekannt vorkommen. Recherchiert man genauer, stellt man teilweise fest, dass das Werk auf dem geistigen Eigentum einer anderen Person basiert. Viele dieser Arbeiten überleben und führen zu einer Masse an ähnlichen Designs, bei denen man das Original schon fast nicht mehr ausmachen kann.​​​​​​​
Wie kam es dazu, und woran liegt das? Verliert kreative Arbeit einfach an Anerkennung innerhalb der Gesellschaft? Wie hat sich die Arbeit des Gestaltenden im digitalen Zeitalter verändert und was müssen wir als Gestalter*innen von morgen beachten? Um das beantworten zu können, müssen wir uns Wissen aneignen. Wissen darüber, was man als Gestalter*in darf und was man eher bleiben lassen sollte. All diesen Fragen gehe ich in dem Magazin „Doppelgänger - Original, Kopie oder Fälschung?“ auf den Grund und schildere einen Verlauf, der aufzeigt, wie wir zu dem Punkt gekommen sind, an dem wir heute stehen. ​​​​​​​
Um herauszufinden, inwieweit sich diese vorherigen, theoretischen Ansätze im Alltag wiederfinden lassen, habe ich mich auf die Suche nach Künstler*innen gemacht, die ihre Erfahrungen und Meinungen mit mir teilen möchten. Dabei habe ich unter anderem genau die Menschen befragt, die mich zu diesem Projekt verleitet haben. Außerdem wollte ich gerne wissen, welcher Ansicht meine Kommiliton*innen sind.